(Zeitungsartikel im Öffentlichen Anzeiger vom 13. März 2020)
Hunger am Abend, keine Lust, selbst zu kochen; ein Klick in die App meines Smartphones, eine halbe Stunde später steht das Essen vor der Tür. – Ein Buch interessiert mich; ein Klick in der App mit Premium-Account, am nächsten Morgen ist es da. – Musik, Filme, Bundesliga etc.; ein Klick in die App auf dem Tablet, Streaming starten, fertig. – Alles selbstverständlich. Wir leben in einer globalisierten Welt und leben selbstverständlich mit diesem Luxus – und wehe! einer versucht uns das zu nehmen…
Verzicht üben. Das fällt uns nicht leicht. Mit unseren liebgewonnenen Gewohnheiten zu brechen auch nicht. Noch schwerer, wenn es uns aufgenötigt wird. Corona sorgt dieser Tage global dafür, dass wir unser Leben nicht mehr führen können wie gewohnt. Die Börse bricht ein, Staaten riegeln ganze Regionen ab, das öffentliche Leben erlahmt. „Verzicht üben“ wird uns aufgenötigt.
Zeit, uns auf das Wesentliche im Leben zu besinnen. Aufgenötigte Fastenzeit sozusagen. Der kommende Sonntag „Okuli“ (lat. Augen) bildet das Zentrum der Fastenzeit zwischen Aschermittwoch und der Karwoche. Er lädt ein, eine Ahnung davon zu entwickeln, welche Wahrheit über unserem Leben steht.
„Meine Augen sehen stets auf den Herrn, denn der Herr wird meine Füße aus dem Netz ziehen.“
Psalm 25,15
Der Beter des 25. Psalm lädt ein, die Dinge in der Welt mit unseren Sinnen wahrzunehmen; hier: mit den Augen. Hinzuschauen und zu erkennen, was jetzt wichtig ist. Was, wenn ich mich anstecke? Wie ginge es mir in einer verordneten Quarantäne? Wie Menschen helfen, die bereits infiziert und isoliert sind? Was wäre, wenn bald auch bei uns Bundesligaspiele, Großveranstaltungen oder sogar Beerdigungen ohne Publikum stattfinden müssten? Welche Haltung nehme ich zu diesen Dingen ein?
Aufgenötigter Verzicht, um den worst case, die Katastrophe zu verhindern. Der Psalmbeter lädt ein, unsere Augen auf Gott zu richten, der uns helfen kann. Er schenkt unseren Wissenschaftlern und Politikern Verstand, Orientierung und Weisheit genug für rechte Entscheidungen, auch wenn diese uns vielleicht nicht passen. Er schenkt Geduld und die Einsicht, dass wir mit all dem nicht allein sind. Er schenkt Zeit zum Gebet, ihn um Hilfe zu bitten
Verzichten wir mal bewusst auf uns Liebgewordenes und lenken unsere Augen auf Gott. Das kann uns Zuversicht und Mut geben für ein Leben mit und (hoffentlich bald) nach Corona.
Und bleiben Sie gesund und behütet!