Die schrecklichen Ereignisse in Halle vor gut zwei Wochen sind sicherlich immer noch präsent in unseren Köpfen und Herzen. Handelte es sich um einen Terrorakt oder „nur“ einen Amoklauf? Zur Erklärung: Wäre der Täter ein Mensch mit Migrationshintergrund, hätten die Medien von Terror gesprochen. Weil er aber Deutscher ist, nannten sie es einen Amoklauf!
Machen wir uns nichts vor: Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit gibt es auch bei uns. Es ist immer dasselbe Spielchen: Für meine gefühlt miese Lebenssituation braucht es einen Schuldigen. Am besten eignen sich da Menschen, die „nicht von hier“ sind. Die kann man an den Pranger stellen und bestenfalls wieder wegschicken. Problem gelöst.
Mich bewegt in all dem die Frage nach dem Umgang. Wie wollen wir in einer Gesellschaft, die immer bunter wird, miteinander umgehen und in welcher Haltung einander begegnen?
Die Bibel ist an dieser Stelle ganz eindeutig: Wir sind alle Menschen aus Fleisch und Blut. Und betrachtet man es evolutionsbiologisch, sind wir „verwandt“, gehören alle der Gattung Mensch an – homo sapiens, weiser Mensch. Und behandeln uns alles andere als mit Weisheit.
Können wir uns vorstellen, dass unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger mit Wurzeln in anderen Ländern unsere Schwestern und Brüder sind? Können wir das denken, dass der Täter von Halle unser Bruder ist – einer von uns?
Der Apostel Johannes geht noch einen Schritt weiter. Er sagt:
„Dies Gebot haben wir von ihm, dass, wer Gott liebt, dass der auch seinen Bruder liebe.“
1. Johannes 4, 21
Ich wünsche mir für das Miteinander in unserer bunten Gesellschaft (die ich gerade wegen ihrer Buntheit sehr schätze!) einen Umgang, in dem wir unsere „Schwestern und Brüder“, unser eigen Fleisch und Blut im besten Wortsinne lieben: anerkennen, akzeptieren, tolerieren, respektieren, wertschätzen, mit Würde begegnen, ernstnehmen, gastfreundlich begegnen.
Gott – und eigentlich ja schon der gesunde Menschenverstand – gebietet diese „Bruder-Geschwister-Liebe“ einem jedem und einer jeden von uns. Egal welcher Herkunft, religiösen Zugehörigkeit, Hautfarbe, Rasse, sexuellen Orientierung usw.
Nur gemeinsam können wir es schaffen, aus der Welt einen Ort zu machen, in der alle gut Leben können.
Gut, dass Gott uns niemals aufgibt!
(Erscheint am 18.10.19 im Öffentlichen Anzeiger, Bad Kreuznach)