United4Rescue

„Man lässt keine Menschen ertrinken. Punkt!“

Pfarrerin Dr. Sandra Bils

Wer sind eigentlich unsere „Nächsten“, diejenigen, die unsere Hilfe und Unterstützung am dringendsten brauchen? Die Flüchtlingswelle rollt weiterhin ununterbrochen auf Europa zu. Corona hat zusätzliches Leid und Not in viele Flüchtlingscamps auch und gerade an den Grenzen von Europa gebracht. Und angesichts der Pandemie erleben wir die Zerbrechlichkeit unserer Sicherheit und unseres eigenen Wohlstandes. Gleichzeitig gehen Menschen für ihre Freiheit auf die Straßen von Minsk, während Reichsbürger mit ihren Fahnen den Deutschen Reichstag zu stürmen versuchen.

„Man lässt keinen Menschen ertrinken. Punkt!“ Dieser berühmte Satz der evangelischen Pfarrerin Dr. Sandra Bils (Abschlusspredigt, Ev. Kirchentag Dortmund 2019) hat u.a. dazu geführt, dass die Evangelische Kirche in Deutschland gemeinsam mit dem Bündnis „United4Rescue“ und seinem Hashtag #WirSchickenEinSchiff das Rettungsschiff „Sea-Watch 4“ finanziert und ins Mittelmeer zur Rettung von Ertrinkenden entsandt hat. Mittlerweile konnte die „Sea-Watch 4“ mit 353 Geflüchteten den sicheren Hafen von Palermo anlaufen.

Der gesunde Menschenverstand müsste ausreichen um zu begreifen: Menschen in Not sind von unserem eigenen Fleisch und Blut und haben dieselben Rechte, Bedürfnisse und den berechtigten Wunsch nach Freiheit und einem würdevollen Leben in Sicherheit. – Es könnte mir genauso gehen wie ihnen. Dann wäre ich vielleicht auf ihre Hilfe angewiesen…

Wer ist mein Nächster? Diese Frage stellt uns auch der kommende 13. Sonntag nach Trinitatis. Im Matthäusevangelium, Kapitel 25, Vers 40b betont Jesus:

„Was Ihr einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“

Matthäusevangelium, Kap. 25, Vers 40b

Jesus will sagen: Es gibt etwas Höheres, Größeres und Wichtigeres zwischen Himmel und Erde als meine eigenen Interessen. Wenn wir den Schwachen, Armen, Kranken, Alten und Hilfsbedürftigen zur Seite stehen, ihnen Schutz bieten und unsere Solidarität zeigen, dann tun wir letztlich ein gutes Werk an unserem Schöpfer. Unsere Welt hat ein höheres Ziel als unsere Selbstverwirklichung. Gott hat den Wunsch, dass es allen Menschen gut geht. Sämtliche Kosten eines einzigen Monats für Rüstung weltweit könnten z.B. das Problem des Welthungers aus der Welt schaffen! Unsere Welt hat ein höheres Ziel: Sie möchte, dass allen Menschen geholfen wird, damit sich Gottes Vision von der Weltdurchsetzt: einer Welt, in der Gerechtigkeit wohnt.

(leicht überarbeiteter Zeitungsartikel im Öffentlichen Anzeiger vom 4. September 2020)