Vom Trost im Leben

Predigt anlässlich meiner Nachverpflichtung (auf den Heidelberger Katechismus), gehalten am 16.02.2020 in der Ev. Kirche zu Guldental. (Ein sehr schöner Zeitungsartikel dazu stammt von Norbert Krupp – Krupppresse und ist ganz unten zu finden.)

Einer meiner engsten Freunde erlitt vor einigen Jahren während einer Predigt eine sogenannte „Transiente globale Amnesie“. Wie er sich später anhand der Aufnahme selbst überzeugen konnte, konnte er die Predigt trotzdem gut zu Ende führen sich später aber an nichts erinnern. Die ihn untersuchende Ärztin trug einen Davidstern um den Hals. Er schreibt: „Wann immer ich sie ansah, blickte ich auf den Davidstern und mir stand die Verheißung des Gottesnamens JHWH sichtbar vor Augen.“

JHWH kann man unterschiedlich übersetzen. Z.B.: „Ich bin der, der mit Dir war, mit dir ist und mit Dir sein wird; der sich erweisen wird als Gott für Dich und mit Dir.“ Mit anderen Worten: „Ich bin der, der da ist.“ Auf seinem Krankenbett erlebte mein Freund genau das: „Gott, ist nicht einfach so da, irgendwo da oben, sondern Gott ist konkret und persönlich für mich da.“

Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?

Heidelberger Katechismus, Frage 1

So fragt der Heidelberger Katechismus in seiner ersten Frage.

Nun: „Trost“ – was ist das eigentlich?

Das deutsche Wort Trost (althochdeutsch, seit 8. Jh.) hängt mit dem indogermanischen Wortstamm treu zusammen und bedeutet soviel wie Festigkeit, seelischer Halt, Zuversicht, Ermutigung im Leid.

Wer Trost braucht, weiß, dass es ein Leben ohne Leid nicht gibt. – Und dann ist Trost das, worauf wir im Leid hoffen, Erlösung von irdischer Not, Krankheit, Trauer und Tod.

In den Sozialen Medien habe ich in der letzten Woche eine Umfrage gemacht und gefragt:

„Was tröstet dich oder gibt Dir Trost, Halt, Hoffnung im Leben?“

Eine überwältigende Welle von Antworten erreichte mich dazu!

Da sind zunächst Dinge, die uns vielleicht ganz alltäglich erscheinen, die vielleicht auch nicht jeder als tröstlich empfindet: Hund und Katze oder den Sport, Musik und gute Literatur. Essen und Trinken – ganz wichtig: Schokolade und Kaffee!

Jemand schrieb: Richtig gute Musik. Ein ernst gemeintes: »Wie geht es dir?« Eine herzliche Umarmung. Ein leckerer Cappuccino.“

Familie als Trost

Ein großes Thema war die Familie. Die Liebe in der Familie hält viele und vieles zusammen. Eine Freundin mit jahrelang unerfülltem Kinderwunsch schrieb: „Dass ich meinen Sohn bekommen habe.“„Du kannst in deinem Leben noch so vielen Menschen ein Begleiter gewesen sein“, sagte mir kürzlich ein Kollege im Ruhestand, „am Ende bleibt dir (nur) die Familie“.

Trost ist ein äußerst existenzielles Ding. Ohne Trost wird das Leben trostlos. Wie mag es unseren Politikern wohl gerade gehen? Überall Rücktritte und untröstliche Gesichter. Deshalb fragte ich einen Studienfreund, der mittlerweile als FDP-Mann MdB ist: „Die Gewissheit, gewollt und gehalten zu sein.“ (Pascal Kober) – Und Julia Klöckner antwortete u.a.: „Die Liebe meiner Liebsten, deren bedingungslose Zusage, dass sie bei mir sind und nicht fragen, ob ich das Richtige mache oder nicht. Und zwei Weisheiten: »Du kannst nicht tiefer fallen als in Gottes Hand.« – Und mein Vater sagte immer zu mir: »Gott lädt Dir kein größeres Päckchen auf als Du tragen kannst. Also glaub an Deine Kraft, auch in schwierigen Zeiten.«“

Kennen Sie den Song von Udo Lindenberg „Ich trag Dich durch die schweren Zeiten“? Gute Freunde werden Dich begleiten usw. Auch gute Freunde geben Trost, die gut zuhören können, kluge Ratgeber sind, an einem interessiert sind. Der Mann/die Frau an meiner Seite, der/die zum/zur Freund/in wird. Einfühlsame Menschen.

Schlaf und Natur

Sogar Schlafen kann trösten, neue Kraft geben. Auch die Natur, der Wald, die Weite, das Meer, die Berge. „Mich tröstet Ruhe, in der freien Natur über meinen geliebten Bodensee zu schauen, die Alpen sehen und wissen, dass es jemanden gibt, der immer und ewig bei mir ist und für mich da ist. Diese Gewissheit ist wie eine Umarmung.“

Schließlich: der Glaube! Gebet – das eigene, oder das für einen anderen. Das Gespür, Gott ist an meiner Seite, ich bin sein Kind und er hat mich wunderbar gemacht. Gottes Barmherzigkeit und die tiefe Gewissheit, dass mein kleines Leben in der großen Geschichte Gottes immer Zukunft hat. – Was für faszinierende Sätze, finden Sie nicht auch? – Tröstliche Glaubenserfahrungen machten Menschen bei schwerer Krankheit: „Dennoch bleibe ich stets an Dir, denn Du hältst mich!“ (Ps 73) – Oder Trost, „INDEM wir all unsere Sorge auf ihn werfen, weil er für uns sorgt!“ (1Petr5,7)

Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?

Der Heidelberger Katechismus antwortet:

Dass ich mit Leib und Seele im Leben und im Sterben nicht mir, sondern meinem getreuen Heiland Jesus Christus gehöre. Er hat mit seinem teuren Blut für alle meine Sünden vollkommen bezahlt und mich aus aller Gewalt des Hinderers erlöst; und er bewahrt mich so, dass ohne den Willen meines Vaters im Himmel kein Haar von meinem Haupt kann fallen ja, dass mir alles zu meiner Seligkeit dienen muss. Darum macht er mich auch durch seinen Heiligen Geist des ewigen Lebens gewiss und von Herzen willig und bereit, ihm forthin zu leben.

Heidelberger Katechismus, Antwort auf Frage 1

Was für eine theologisch gehaltvolle Antwort. Es wäre höchst spannend, dazu eine Themenreihe, einen Glaubenskurs oder ähnliches zu machen, um diesen Schatz zu heben, der in diesem Text steckt.

Schon die vielen Antworten in meiner Umfrage zeigten, was uns hält und Trost gibt. Der Heidelberger Katechismus unterstreicht das: Unser ganzes Leben ist in Gottes Hand. Wir gehören nicht uns selbst – wir gehören Gott. Und der hat einen ganz klaren Plan für unser Leben. „Hätte Gott keinen Plan für dich“, so noch eine Antwort auf meine Umfrage, „dann wärst du nicht da!“ – Gott kann uns bewahren vor und erlösen aus allen möglichen Gefahren und Hindernissen im Leben. Denn (und wie tröstlich ist das eigentlich) „ohne den Willen meines Vaters im Himmel kann kein Haar von meinem Haupt fallen“. Und bei mir fangen sie an zu fallen! Zumindest werden sie dünner und grauer. 🙂 Scheinbar ist das gerade einer der Pläne Gottes für mein Leben. Und ich weiß mich in seiner Hand geborgen. Egal, was passiert: das Ziel ist die Seligkeit – mein Sein bei Gott in Ewigkeit. Und Gottes Plan für mein Leben lautet: dass ich mit dieser Gewissheit ausgestattet durch mein Leben gehe – dass wir alle es tun!

Was kann das für ein sinnstiftendes Leben sein. Mir ist es weiterhin nicht egal, wie es mir geht. Doch ich weiß, es hat einen tieferen Sinn, egal wie es mir geht. Denn Gott hält mich, behütet mich und weiß was kommt.

Gott weiß, was kommt

Ich schließe mit der Erfahrung einer jungen Kollegin, die als jüngstes Mitglied ins Präsidium der des Baptistenbundes gewählt wurde und sich aus diesem Anlass eine Karte mit der Aufschrift „Gott weiß was kommt“ kaufte. Sie dachte: „das passt doch, so frisch gewählt ins Präsidium. Kaum zu Hause wusste sie: Schwanger und zwar doppelt! Weit über 20 Wochen ging es ihr körperlich mies und mieser, und dann kamen die Zwillinge neun Wochen zu früh. „Dass Gott weiß, was kommt, hat mich die gesamte Zeit getröstet. Ich weiß nicht was kommt, aber er, der über mich weit hinausreicht und es gut mit mir meint, er weiß was kommt und ist diesem gewappnet.“

Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?

Die Gewissheit: Gott ist gut! Allezeit!

Er ist der, der mit Dir war, mit dir ist und mit Dir sein wird; der sich erweisen wird als Gott für Dich und mit Dir.

In einem Lied aus Taizé heißt es:

„Bei Gott bin ich geborgen, still wie ein Kind, bei ihm Trost – und Heil. Ja, hin zu Gott verzehrt sich meine Seele, kehrt in Frieden ein.“

Taizé – Mon âme se repose