Von Überfluss und Mangel

Entbehrungsreiche Zeiten sind das im Moment. Fühlt sich nicht wirklich gut an, oder?

Kontaktbeschränkungen: Nur noch ein Hausstand plus eine weitere Person. Kitas und Schulen geschlossen. In manchen Regionen sogar eingeschränkte Bewegungsfreiheit im Radius von 15 km um den Wohnort. – Für mich als Pfarrer bedeutet das: Keine Besuche, keine Präsenzgottesdienste (obwohl nicht verboten), selbst Trauergespräche führe ich derzeit nur noch telefonisch. – Unser Leben atmet dieser Tage diesen krassen Unterschied zwischen Mangel und Überfluss: Wir haben immer noch mehr als genug zum Leben – und könnten die glücklichsten Menschen sein. Gleichzeitig werden unsere Rechte so eingeschränkt, dass es sich nicht mehr gut anfühlt – aber wohl nötig ist.

Viele Paare mussten ihre für 2020 geplanten Hochzeiten verschieben und sehnen den Sommer 2021 herbei. Hoffentlich können wir dann endlich wieder bunt und ausgelassen feiern mit Menschen, die wir lieben und schätzen und gerne um uns haben. Natürlich mit gutem Wein. 2021 wollen wir endlich wieder aus dem Vollen schöpfen.

Der kommende Sonntag stellt dieses Wechselspiel von Mangel und Überfluss auf den Kopf – am Beispiel einer Hochzeit! Nachdem auf einer Hochzeit der Wein ausgegangen war, verwandelt Jesus rund 600 Liter Wasser in besten Wein!

Das zeigt zweierlei: Bei Gott ist es gerade nicht so, wie Heinrich Heine es in seinem Versepos „Ein Wintermärchen“ formuliert: „sie tranken heimlich Wein und predigten öffentlich Wasser“. Nein! Gott hilft unserem Mangel ab, kann ihn beheben und in Überfluss verwandeln. Er gönnt uns ein Leben in Fülle!

Vielleicht gehen Ihnen ja gerade Geduld, Lebensfreude, Mut, Hoffnung oder Ihr Optimismus flöten? Johannes schreibt:

„Aus seinem Reichtum hat er uns beschenkt – mit der Gnade, die von Gott kommt.“

Johannesevangelium, Kapitel 1, Vers 16 (BasisBibel)

Es gibt eine Quelle, die nie versiegt, die wir anzapfen und aus der wir schöpfen dürfen.

Geben Sie den Mut nicht auf! Es gibt immer noch Gott, der unserem Mangel aufhelfen kann – auch und vielleicht gerade jetzt.

(Zeitungsartikel im Öffentlichen Anzeiger vom 15. Januar 2021)