Wie „heilig“ wird der Abend?

Vergeblich hätten Maria und Josef wohl in diesem Jahr eine Herberge gesucht. Shutdown! Alles zu. Sogar Stallungen oder Weinkeller wären nicht zur Verfügung gestellt worden. Beherbungsverbot! Besuche der Hirten und Schafe wohl eher auch nicht, es sei denn, sie gehören zum eigenen Hausstand, und natürlich gilt das Abstandsgebot, Maskenpflicht, sie wissen schon. Und Engelsgesang im Chor? Verboten! Auch im Freien nur möglich mit Maske und 3 Meter-Abständen. Aber stellen Sie sich mal Engel mit FFP2-Maske im Gesicht vor. Trompeten und Posaunen wären ebenfalls untersagt. Müssen Sie auch schmunzeln?

Wenn ich Hirte oder Engel wäre – ich würde die Maske tragen! Mindestens zum Schutz der anderen. Diejenigen, die täglich mit COVID-19-Patienten zu tun haben, über ihre eigenen Kraftreserven hinaus pflegen, betreuen, lagern, beatmen und verarzten müssen, können längst nicht mehr über derlei Scherze lachen. Für sie hat die diesjährige Weihnacht nichts Schönes, Kuscheliges und Heiliges. Denn sie verbringen ihre Feiertage auf Station. Auf sterilen Gängen, in desinfizierten Räumen, mit Schutzkleidung unter schwierigsten Arbeitsbedingungen.

Heilig war der Abend auch vor 2000 Jahren nicht. Eine Geburt ist eine Geburt. Wehen, unendliche Schmerzen, viel Blut sind da erstmal Thema, auch Hygiene wäre sicherlich gut gewesen und eine Hebamme ebenfalls… Stille Nacht, Heilige Nacht? Zumindest erstmal Fehlanzeige!

Und: Weihnachten wird trotzdem!

Auch in diesem Jahr platzt es mit seiner wachrüttelnden Botschaft in unseren so durchgeschüttelten Alltag und ruft uns durch den Engel zu:

„Habt keine Angst! Seht doch: Ich bringe euch eine Freudenbotschaft. Im ganzen Volk wird große Freude herrschen. Denn heute ist in Bethlehem für euch der Retter geboren worden: Er ist Christus, der Herr.“

Lukasevangelium, Kapitel 2, Vers 10b+11 (BasisBibel)

Egal, was noch kommt: Wir brauchen keine Angst zu haben. An Weihnachten erdet Gott den Himmel. Das ist Grund zu purer Weihnachtsfreude, die alle Zweifel, Ängste und Sorgen zu überwinden im Stande ist. Denn aus Bethlehem (übersetzt: Haus des Brotes) kommt uns der entgegen, der unser Versorger ist und uns mit nährendem Brot sättigen wird. Er kann unsere Wunden heilen, uns aufhelfen und in unserer Not begleiten.

Frohe und gesegnete Weihnachten! 🎄

(Zeitungsartikel im Öffentlichen Anzeiger vom 24. Dezember 2020)

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